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10/10/1998 Michael
Rein
last update
10/05/2001
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Nach meiner Diplomarbeit zog ich von August bis September 5 Wochen allein hinaus
in meinen ersten Urlaub seit 10 Jahren.
Er führte mich durch die Schweiz ins Tessin und nach Mailand. Von dort
fuhr ich zurück zum Genfer See, über Grenoble die Route des grandes
Alpes hinunter zur Cote d´Azur. Vorbei am Grand Canyon du Verdon durch
die Provence und die Carmarque zur Ardeche und den Cevennen, welche ich wegen
des schlechten Wetters leider am ersten Tag sofort in Richtung Barcelona verlassen
mußte, erfolgte dann die große Überraschung: An der Costa Brava
entlang schleichend sah ich in der kleinen Hafenstadt Blanes meine Eltern am
Strand entlang gehen. Hier habe ich 2 Tage ausgespannt und 3 Tage Barcelona
drangehängt. Weiter ging es durch die spanischen und französischen
Pyrenäen, wo ich mich durch die Organisation der "Vuelta" einen Tag lang
verpflegen ließ. Übrigens herrscht in Andorra das Linksfahrgebot
für Motorräder, da der Verkehr auf der rechten Spur dem Parken gleich
kommt. Auf dem Rückweg nahm ich nochmals die Highlights, wie die Carmarque,
und die auf dem Hinweg verpaßten Erlebnisse mit, wie den Col de Tende
von Süden hinauf oder die Assietta Kammstraße.
In
Städten übernachtete ich in Jugendherbergen und ansonsten teils
auf Campingplätzen, teils war ich wildcampen. Wildcamping ist nicht
ganz ungefährlich, da die Franzosen einen ausgeprägten Jagtinstinkt
haben und ich allein mich auf niemanden verlassen kann, der mir in Notfällen
zu Hilfe eilen würde. Vor den grasenden Kühen, welche nur als
Fleisch-, nicht als Milchlieferanten gehalten werden, braucht man sich
nicht zu fürchten, wenn man sich vergewissert hat, daß sie nicht
männlich sind. Dieses Vieh zeigt eine Gelassenheit, die ihresgleichen
sucht. Trotz permanenter Angst vor de Tieren zählt es zu den schönsten
Erlebnissen meines Urlaubs, oben auf dem Berg zeltend am Morgen von der
Sonne geweckt zu werden und in der Eiseskälte die freie Fernsicht
zu genießen. Manchmal kann man auch auf ein Meer von Wolken hinab
sehen, die sich wie ein Teppich aus Watte über die Täler legen.
Ein
weiterer unvergeßlicher Moment meines Urlaub war die Strandfahrt
am Ende des Rhone-Deltas in der Carmarque. Eine Straße führt
direkt zum Sandstrand in das Wasser. Um diese Zufahrt herum campen meist
einige Wohnmobilfahrer, doch schon 500m weiter sieht man keine Menschenseele.
Dieser Sandstrand erstreckt sich über eine Länge von 10km und
ist an seiner engsten Stelle nur 20m breit. Außerdem herrscht dort
über dem flachen Land ein Wind, der sogar Probleme bereitet, das Motorrad
abzustellen. Den ganzen Strand bin ich einmal hin und zurück gefahren,
was gleichzeitig auch meine ersten Erfahrungen mit dem Moped im Sand waren.
Danach habe ich Verständnis dafür aufbringen können, warum
man beim Packen des Gepäcks auf einen tiefen Schwerpunkt und wenig
Zuladung achten soll. Allein wenn man mit dem Gesäß ein Stück
weit nach vorn rutscht, erhält man gleichzeitig ein direkteres Fahrgefühl.
Das
Pendant zur Sandfahrt war der Schneepistenaufstieg 1km vor dem Observatorium
am Col de Tourmallet. Bei nur 30m Sichtweite bin ich den Col hinaufgefahren,
in der Hoffnung, über die Wolken zu gelangen. Oben am Col angelangt,
schimmerte schon leicht die Sonne durch, so daß ich beschloß,
den Weg zum Observatorium hinauf zu fahren. Wahrscheinlich haben nur wenige
hundert Meter Höhe zum Gelingen meines Vorhabens gefehlt, und so mußte
ich den letzten Kilometer zum Observatorium auf Schnee schlindern. Es war
eisig kalt dort oben und gefährlich noch dazu.
Viel
Glück hatte ich in Barcelona, wo ich nur knapp dem Verlust meines
Helmes entkam. Am Placa de Cataluna habe ich mein Moped neben den anderen
noch kleineren geparkt und den weißen Helm mit dessen Schlaufe am
Motorradhelmschloß gesichert. 30m Entfernt saß ich auf der
Mauer, unterhielt mich und wunderte mich irgendwann unterbewußt über
den einzigen, der beim Vorbeigehen meine monströse und zugleich seltene
Maschine keines Blickes würdigte. Einige Meter weiter hatte er zu
seinem weißen Klapphelm, welchen er zuvor schon trug, noch einen
weiteren, weißen in der Hand. Geistesgegenwärtig sprang ich
auf, die Fotokamera noch in der Hand, und rannte ihm nach. Zum Glück
hatte der Dieb mich nicht bemerkt, so daß ich ihm meinen Helm mit
der einen Hand entreißen und ihn mit der anderen wegstoßen
konnte (Gefahr, denn der Kerl muß ein Messer bei sich haben!). Von
weiteren Konsequenzen habe ich aus Sicherheitsgründen abgesehen. Was
hätte es auch bewirkt? Der Jubel der Menge, die die Aktion größtenteils
mit ansehen konnte, war mir gewiß.
Ansonsten kann ich nur sagen: Die Schweiz ist schön! Genau kann ich nicht beschreiben, was mir an der Schweiz gefällt, doch das konnte niemand so recht von denen, die ich fragte. Es sind wahrscheinlich diese allgegenwärtigen, farbintensiven Wiesen und die mit Liebe und viel Akribie gepflegten Häuser. Man kann dort den Reichtum und, besonders in der Zentralschweiz, den peniblen Charakter nicht leugnen.
Eine
durchaus noch interessantere und unvergleichlich ärmere Gegend ist
die Provence mit ihren vielen Farben, den Düften und dem scheinbar
alltäglichen Blau des Himmels. Leider war es zu spät im Jahr
für die violetten Lawendelfelder. Doch dafür konnte ich den Lawendel
riechen, genauso wie die gelesenen Trauben. Durch den herannahenden Herbst
färbten sich schon einige Blätter gelb, manche sogar rot. Es
war ein phantastisches Spiel der Farben und Düfte.
Sehr
gefallen hat mir noch die spanische Seite der östlichen Pyrenäen.
Überall auf den Hügeln sieht man dicht gedrängte, kleine, idyllische
Dörfer mit engen Gassen und maroden Gebäuden stehen. Doch gerade hier
sieht man noch einen der grünen Flecke des ansonsten so braunen Spaniens.
Noch viel mehr als die Natur sind es die Menschen, die die Gegend so anziehend
wirken lassen. Ich kann nur empfehlen, das Abendessen in einem dieser kleinen
Dörfer zu sich zu nehmen, denn dort erfährt man die Warmherzigkeit
der Bewohner. Ohne Spanischkenntnisse habe ich mich mit der Familie des Gastwirtes
unterhalten können (und als erstes erfahren, daß Bayern verloren
hat, aber Barca nicht).
Interessant ist auch die 17km lange Einbahnstraße durch die Schlucht
des Ordesa-Nationalparks.
Die Cevennen, worauf ich mich im Vorfeld freute, habe ich aufgrund des schlechten Wetters verpaßt und werde sie zu einem anderen Zeitpunkt nachholen.